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Kreislaufwirtschaft bei HORNBACH

Eine effektive und ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft ist die Zukunft in allen Branchen. Auch bei HORNBACH stehen alle Sortimentsbereiche regelmäßig auf dem Prüfstand. Folien, Kartonagen, Kunststoffe oder Bauschutt – das Unternehmen sucht nach Möglichkeiten, um aus alten Produkten hochwertige Sekundärrohstoffe zu gewinnen. „Entscheidend für die Wiederverwertbarkeit ist insbesondere die Qualität, in der die Rohstoffe vorliegen. Je höher die Reinheit, desto besser lassen sie sich wiederverwenden und umso hochwertiger sind die Produkte, die daraus neu entstehen können“, erklärt Andreas Back, Leiter der Bereiche Qualitätsmanagement, Umwelt & Entsorgung und Mitglied im internen Strategiekreis CSR bei HORNBACH. Das Gremium spielt eine zentrale Rolle in den Überlegungen, das Sortiment sukzessive nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten. Es überprüft laufend, wie kritisch einzelne Produktgruppen sind und bereitet Entscheidungsgrundlagen vor, aus denen sich letztlich ergibt, ob bestimmte Artikel weiter im Sortiment bleiben. So kam es beispielsweise zu dem Entschluss, künftig zu Silvester keine Feuerwerkskörper mehr zu verkaufen.

Ein aktuelles Recycling-Projekt ist die Herstellung von Regentonnen aus ausrangiertem Hartkunststoff, der lokal abgeholt, vermahlen und zu neuen Tonnen gespritzt wird.

Die Logistik hat dabei einen maßgeblichen Einfluss auf die CO2-Bilanz. Sie entscheidet, wie sinnvoll ein Produkt unter Nachhaltigkeits- und Klimaschutzgesichtspunkten ist. „Ab einer gewissen Distanz übersteigen die CO2-Emissionen durch den Transport den Anteil, der durch das Wiederverwerten eingespart werden kann. Das ist wenig sinnvoll“, betont Andreas Back.

Das Team arbeitet bereits an weiteren Themen. So ist in Planung, Kunststofftrays in ein Mehrweg-System mit Pfand zu überführen. Dafür wurde eine Studie des Fraunhofer-Instituts herangezogen, die die Ökobilanz und das Klimaschutzpotenzial eines solchen Systems bewertet – unter Berücksichtigung der Transportkilometer und des erforderlichen Materialeinsatzes. Aus den gepressten Ballen aus Kunststoffmaterialien entstehen mittlerweile neue Verkaufsartikel und Serviceverpackung. Das prominenteste Beispiel sind die daraus hergestellten Schraubenbeutel, die im Eisenwarengang der HORNBACH Bau- und Gartenmärkte zum Einsatz kommen.

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Interview mit Prof. Dr. Tobias Viere zur Kreislaufwirtschaft

Es gibt weiterhin viel zu tun für Andreas Back und sein Team, denn bei HORNBACH ist man überzeugt: Das ist erst der Anfang auf dem weiten Feld der Kreislaufwirtschaft. Einer, der sich aus der Sicht der Wissenschaft bestens mit diesem Thema auskennt, ist Prof. Dr. Tobias Viere. Er ist seit neun Jahren an der Hochschule Pforzheim tätig, wo er am Institut für Industrial Ecology die Professur für Energie- und Stoffstromanalyse innehat. Zu den Schwerpunkten seiner Lehre und Forschung gehören die Themen Nachhaltigkeitsmanagement und -reporting, Ökobilanzierung sowie die Kreislaufwirtschaft bzw. Circular Economy.

Prof. Viere, wie wichtig wird die Kreislaufwirtschaft in Zukunft sein?

In den vergangenen fünf bis sechs Jahren ist das Thema, sowohl durch politische Maßnahmen (beispielsweise auf EU-Ebene) als auch durch unternehmerisches Engagement, noch bedeutsamer geworden. Insbesondere in Deutschland wird Kreislaufwirtschaft meist in einem Atemzug mit der Recyclingwirtschaft genannt. Recycling allein greift jedoch zu kurz und trifft nicht ganz die Idee der „Circular Economy“. Aus meiner Sicht ist die Circular Economy eine Spielart der „Industrial Ecology“ und eine Möglichkeit, die drei grundlegenden Nachhaltigkeitsstrategien – Effizienz, Suffizienz und Konsistenz – in der Praxis auszugestalten. Es ist wichtig, zu begreifen, dass wir alle drei Strategien gleichermaßen brauchen, um das Ziel der nachhaltigen Entwicklung erreichen zu können.

Sie haben den Unterschied zwischen Kreislaufwirtschaft und Recyclingwirtschaft angesprochen. Können Sie darauf noch spezifischer eingehen?

Hätten wir wirklich eine vollumfängliche Circular Economy, würde die klassische Recycling-Wirtschaft ziemlich schrumpfen. Denn wenn vorher schon viel mehr innerhalb der Kreisläufe passiert, gäbe es ja viel weniger Material, das noch recycelt werden müsste. Entsorger und Verwerter in Deutschland haben Kreislaufwirtschaft lange Zeit so interpretiert, dass es am Ende des Produktlebenszyklus‘ darum geht, ein paar Rohstoffe zurückzugewinnen. Dieser Ansatz an sich ist nicht falsch, ist aber nur eine Facette.

Eine umfassende Kreislaufwirtschaft setzt früher und an mehreren Stellen an – etwa bei der Intensivierung von Produkten. Das bedeutet, dass die Produkte häufiger genutzt werden und die Gesamtanzahl der benötigten Produkte damit zurückgeht.

Zentral ist das Bestreben, Stoffkreisläufe schon weit vor der Entsorgungsphase weitgehend zu schließen, um weniger Ressourcen und Rohstoffe aus der Natur entnehmen zu müssen.

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Ein sehr bekannter Ansatz für die Kreislaufwirtschaft ist das sogenannte „Cradle to Cradle“-Konzept – übersetzt also „von der Wiege zur Wiege“ statt „von der Wiege zur Bahre“. Wie beurteilen Sie diesen Ansatz und seine praktische Umsetzbarkeit?

Die Vision von Cradle to Cradle wie auch die Vision einer Circular Economy funktionieren beide nur unter einer entscheidenden Prämisse: dass Energie zu Verfügung steht, die keinen Umweltschaden anrichtet. Denn für jede Form der Kreislaufwirtschaft benötigt es einen entsprechenden Energieeinsatz. Dafür müssen die notwendigen Technologien und Strukturen geschaffen werden. Das Ganze braucht also eine gewisse Umstellungszeit. Langfristig wird aber auch das nur funktionieren, wenn wir gleichermaßen die Effizienz berücksichtigen: Je verschwenderischer wir mit Energie umgehen, desto unwahrscheinlicher ist es, die entsprechenden Kapazitäten für deren Produktion aufzubauen.

Das heißt, eine vollumfängliche Kreislaufwirtschaft kann es nicht geben?

Kurzfristig natürlich nicht, und auch auf lange Sicht funktioniert eine hundertprozentige Kreislaufführung schon aufgrund physikalisch-materieller Gegebenheiten nicht. Es gibt immer ein gewisses Maß an Verlusten von Material, zum Beispiel durch Abrieb oder Verschleiß. Aus rein physikalischer Sicht ist eine reine Kreislaufwirtschaft also quasi unmöglich.

Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist definitiv möglich, weitaus mehr Material im Kreislauf zu führen, als wir das derzeit tun. Selbst eine neunzigprozentige Kreislaufwirtschaft wäre gegenüber dem jetzigen Zustand ein enormer Fortschritt – aktuell liegen wir EU-weit aber gerade einmal bei ca. zwölf bis dreizehn Prozent. Nur hundert Prozent sind eben unrealistisch.

Sie haben den Aspekt der Intensivierung von Produkten angesprochen. Ist das aus wirtschaftlicher Sicht für Marktakteure von Interesse? Mal etwas plakativer ausgedrückt: Passen Circular Economy und Kapitalismus überhaupt zusammen?

Zirkuläre Geschäftsmodelle existieren zum Teil schon heute, sind aber in vielen Fällen wirtschaftlich (noch) nicht rentabel. Es gibt bereits Unternehmen, die dazu Konzeptstudien durchgeführt haben.

Der Punkt ist aber richtig und aus meiner Sicht eine der größten Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft: Wie können funktionierende Geschäftsmodelle aussehen und wie wirken sie sich auf die Wertschöpfungskette aus?

In einer umfassenden Kreislaufwirtschaft werden weniger Teile und Komponenten produziert als aktuell in unserer Wegwerfgesellschaft. Bei der Intensivierung von Produkten werden sich jedoch wieder neue Möglichkeiten ergeben, wie Reparaturen oder andere Maßnahmen zur Erhöhung der Langlebigkeit. Das bedeutet, dass man die Produkte am Anfang hochwertiger macht, als sie es heute sind. Für die erstmalige Nutzung eines Produktes würde sich die Gesamtwertschöpfung erhöhen, dafür wird aber rein quantitativ weniger produziert.

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Welche Rolle spielt die Politik dabei?

Wir werden nicht ohne weitere Anreize durch den Gesetzgeber auskommen. Stand heute ist es in den allermeisten Fällen aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch immer naheliegender, neue Produkte herzustellen. Vieles wird bereits diskutiert, zum Beispiel Rücknahme- oder Reparaturpflichten der Hersteller. Auch Vorgaben wie die CO2-Bepreisung und steigende Energiekosten spielen eine Rolle. Wenn sich hier die Regularien ändern, würden viele Hersteller auch das Design der Produkte überdenken.

Wie könnte sich das auswirken? Haben Sie dafür ein Beispiel?

Heutzutage werden aus Kostengründen sehr viele Produkte verklebt. Das macht das Reparieren in den meisten Fällen aber schwierig oder unmöglich. Wenn es eine entsprechende Auflage seitens der Politik gäbe, würde wieder mehr verschraubt werden. Damit könnte man ein defektes Produkt viel einfacher in seine Einzelbestandteile zerlegen und diese, oder zumindest einen Teil davon, wiederverwenden.

Insgesamt ist aus meiner Sicht eine Entwicklung hin zu einer kreislaufwirtschaftlichen Marktwirtschaft nötig.

Die EU-Gesetze müssen so gestaltet sein, dass es innerhalb der Regeln nach wie vor einen vernünftigen Wettbewerb gibt. Es ist also nicht die Frage, inwiefern sich eine Kreislaufwirtschaft mit dem Kapitalismus verträgt, sondern wie die politischen Rahmenbedingungen des Kapitalismus ausgestaltet sind.

Weil Sie gerade die EU-Gesetzgebung ansprechen: Wird aus Ihrer Sicht noch zu national gedacht?

Ja und nein. Sicher könnte in der internationalen Zusammenarbeit noch mehr passieren. Es ist aber mindestens genauso wichtig, dass einzelne Länder sich in der Verantwortung sehen und eine Vorreiterrolle übernehmen. Deutschland hat das in der Vergangenheit in anderen Bereichen gemacht, zum Beispiel beim Thema Umweltschutz. Jetzt ist es die EU-Kommission, die neue Impulse wie den EU Green Deal setzt. Eine Kombination aus beidem ist der beste Weg: Wenn ein Land bestimmte Vorgaben macht und voranschreitet, färbt das auch auf andere Länder und Regionen ab und setzt diese unter Druck.

Lassen Sie uns nochmal über das Thema Rohstoffe und Rohstoffströme sprechen. Produkte, insbesondere komplexe, werden in den seltensten Fällen an nur einem Ort produziert. Die Einzelkomponenten kommen aus verschiedenen Teilen der Erde und werden dann zusammengebaut. Welche Implikationen haben solche Rohstoff- und Lieferketten in der Praxis für die Circular Economy? Transporte sind ja zum Beispiel ein ganz entscheidender Faktor für die CO2-Bilanz eines Produktes.

Circular Economy bedeutet, dass sich Wertschöpfungsketten und -systeme durchaus signifikant ändern können.

Wir reden hier über eine grundlegende Transformation, und nicht alles wird sich in den heute bestehenden Systemen und Logiken abspielen können. Letztendlich sind die Transporte wieder eine Frage der Energiebereitstellung. Reversed Logistic ist ebenfalls eine Herausforderung und wird bei Rücknahmen von Produkten relevant. Im besten Fall ist das Produkt zerlegbar, zum Beispiel in Elektronikbauteile, Kunststoffe etc. Diese Rohstoffe sind von der Werthaltigkeit und der Lebensdauer nicht alle gleich. Je nachdem, was am Ende übrigbleibt, wird es entweder entsprechende Logistikketten geben, um die Materialen wieder für neue Produkte bereitzustellen, oder sie werden fachgerecht geschreddert und aufbereitet.

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Welche weiteren Aspekte spielen eine Rolle für die vollumfängliche Kreislaufwirtschaft?

Kreislaufwirtschaft ist kein Selbstzweck, sondern soll zu den übergeordneten, globalen Nachhaltigkeitszielen beitragen, also zum Beispiel auch zur Erhaltung der Biodiversität. Aber wenn Sie nach konkreten Aspekten fragen, fallen mir insbesondere noch die biologischen Kreisläufe ein: In diesen Kreisläufen sollen Produkte möglichst komplett kompostierbar bzw. biologisch zersetzbar sein. Damit entfällt der „technologische Müll“, den wir aktuell kennen. Eine weitere Maßnahme ist das sogenannte Remanufacturing. Das hat man zum Beispiel, wenn ein Hersteller von großen Baumaschinen die Maschinen zurückkauft und überholt. In diesem Fall ist gar kein Recycling notwendig. Stattdessen werden die Komponenten direkt ein zweites Mal genutzt. All das sind Stellschrauben für eine umfassende Circular Economy.

Gibt es aus Ihrer Sicht bestimmte Produkte oder Produktgruppen, bei denen eine vollumfängliche Kreislaufwirtschaft realistischer ist als bei anderen?

Bei einfacheren Produkten, die aus wenigen Materialkomponenten bestehen. Auch in biologischen Kreisläufen ist das Potenzial mit Sicherheit höher, etwa im Ernährungssektor. Wenn es ein gutes Kompostiersystem gibt und Nahrungsmittel nicht hochprozessiert werden müssen, lässt sich da noch einiges erreichen.

Stand jetzt könnten wir in allen Bereichen noch weitaus mehr Kreislauffähigkeit erreichen.

Nehmen wir mal das Auto als komplexes Produkt: Ein wichtiges Zukunftsthema ist das autonome Fahren. Wenn diese Fahrzeuge irgendwann auf dem Markt sind, würde idealerweise nicht mehr jeder individuell eines besitzen. Stattdessen würden deutlich weniger Fahrzeuge mehr oder weniger rund um die Uhr fahren. Und wenn die verbauten Komponenten dann noch so hochwertig sind, dass man sie ganz oder zumindest in Teilen nach dem Lebenszyklus weiterverwenden kann, ist da noch einiges mehr möglich. Die Dematerialisierung, die mit der Kreislaufwirtschaft einhergeht, ist auch eine starke Hinwendung zur Service-Welt, also ein Stück weit weg vom rein physischen Produkt. Den gleichen Nutzen eines individuellen Produkts kann auch eines bieten, das ich über einen Service nutze.

Auf welche Akteure kommt es dabei besonders an?

Ich sehe da alle gleichermaßen in der Verantwortung. Jeder Akteur in der Wertschöpfungskette hat über die Auswahl und Gestaltung seiner Angebote und Leistungen Möglichkeiten, Weichen zu stellen. Man sollte sich idealerweise die Frage stellen: Wie groß ist die Diskrepanz zwischen dem, was wir heute machen, und dem, was theoretisch möglich ist? Daraus lässt sich ableiten, welche Maßnahmen sich mit geringem Aufwand umsetzen lassen, und in welchen Bereichen ich meine Strategie ggf. neu ausrichten muss.

Wenn sich jeder damit auseinandersetzt und daraus für sich Schritte ableitet, wären wir der Vision einer Kreislaufwirtschaft in jedem Fall schon ein ganzes Stück näher.

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